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Microsoft SharePoint Mythen

Wahr oder Einhorn? Ein Check von acht Annahmen rund um Microsoft SharePoint mit denen wir immer wieder zu tun haben.

Letzte Änderung: Oktober 2020


Als Software-Team treffen wir öfters auf Kunden mit vorgefassten Meinungen zu Microsoft SharePoint. Manche dieser Meinungen sind richtig – viele haben aber auch so viel Wahrheitsgehalt wie Geschichten über Einhörner.

Hier die Mythen, mit denen wir am häufigsten zu tun haben!



Mythos Nr. 1: Microsoft SharePoint ist wie alle anderen CMS

✖ Falsch! Für viele Benutzer*innen sieht SharePoint im ersten Moment wie ein Content-Management-System aus. Und es bietet auch viele solcher Funktionen. Aber Microsoft SharePoint ist weit komplexer, als Systeme, die nur für die Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Inhalten (meist auf Webseiten) angeboten werden. Es ist zusätzlich eine Kollaborationsplattform und ein Dokumentenmanagement-System mit vielen verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten.

Ein paar Worte zu den Content-Management-Funktionen, basierend auf unserer Erfahrung: Wie angedeutet, gibt es in Microsoft SharePoint viele unterschiedliche Bereiche. Um die Content-Management-Funktionen in einem Bereich nützen zu können, müssen diese dort speziell aktiviert werden. Diese sogenannten "Publishing Sites" unterscheiden sich dann in diesen Funktionen von den restlichen Bereichen. Und genau das kann für die Benutzer*innen verwirrend werden. Sie bewegen sich in Bereichen, die zwar die gleiche Oberfläche haben, aber unterschiedliche Möglichkeiten bieten. Man muss sich immer vor Augen halten, wo man gerade arbeitet.

Da es unsere Kunden schon öfters überrascht hat, hier noch ein weiterer Hinweis: Die Umsetzung von speziellen Designwünschen braucht in SharePoint mehr Zeit als in regulären Content Management Systemen. Wie gesagt, ist Microsoft SharePoint ein umfangreiches System. Daher müssen individuelle Anpassungen mit Bedacht gemacht werden.


Mythos Nr. 2: Mit Microsoft SharePoint arbeiten alle viel besser zusammen

✔ ✖ Klare Antwort: Jein! Es stimmt, dass Microsoft SharePoint eine Vielzahl von Kollaborationsmöglichkeiten bietet. Dazu gehören Kalender, Workflows zur Dokumentenlenkung, gemeinsame Listen und vieles mehr. Die Aufzählung könnte seitenweise fortgeführt werden.

Aber weil es viele Möglichkeiten gibt, reicht es nicht aus, das Tool einfach im Unternehmen bereitzustellen. Die Mitarbeiter*innen werden nicht von alleine plötzlich besser zusammenarbeiten. Es braucht unbedingt eine unternehmensweite Strategie. Diese legt fest, an welcher Stelle welche Art der Zusammenarbeit mit welchen Benutzergruppen stattfinden soll.

Gibt es diese nicht, können zwei Dinge passieren: Entweder kämpft man gegen einen wildwuchernden Dschungel oder man steht in einer Wüste. Im ersten Fall bilden sich unabhängige Inseln von Benutzergruppen ohne eine Chance, dass unternehmensweite Zusammenarbeit entstehen kann. Im zweiten nehmen die Benutzer*innen das System einfach nicht an, weil sie nicht verstehen, was sie damit tun können.


Mythos Nr. 3: Einmal installiert, läuft die Microsoft SharePoint Farm von selbst

✖ Leider nein! Microsoft SharePoint ist ein umfangreiches System, das viele Funktionen und extrem vielen Möglichkeiten der Konfiguration bietet. Deshalb braucht die Farm (d.h. Server, Betriebssystem und darauf aufsetzender Microsoft SharePoint) regelmäßig Pflege. Wird diese nicht gemacht, kann es am Ende gewaltig krachen.

Es ist vergleichbar mit den Vorsorge-Untersuchungen beim Zahnarzt. Ohne sie quält man sich am Ende vielleicht durch eine lange schmerzhafte Behandlung, die zusätzlich auch noch eine Menge Geld kostet.

Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass oft auf einen speziellen Bereich vergessen wird: Es gibt auf der einen Seite Experten*innen, die sich für den Server und das Betriebssystem verantwortlich fühlen. Auf der anderen Seite stehen Entwickler*innen wie wir, die Microsoft SharePoint aufsetzen und neue Funktionen einbauen. Um das Zusammenspiel der beiden Bereiche kümmert sich keiner.

Hier ein Beispiel, um die Auswirkungen zu veranschaulichen: Bei einem unserer Kunden wurde ein notwendiger Patch für eine Standard-Funktionalität in das Betriebssystem Windows eingespielt. Es wurden zwar Tests gemacht aber die Auswirkungen auf die speziellen Microsoft-SharePoint-Funktionen wurden nicht genau überprüft.

Der Effekt: Nach dem Einspielen arbeitete zwar Microsoft SharePoint generell, aber nach und nach warfen einzelne Funktionen Fehlermeldungen. Das war natürlich unangenehm für die Benutzer*innen, die damit arbeiten sollten. Es dauerte ungefähr einen Tag bis der Fehler mit unserer Hilfe gefunden wurde und das System wieder komplett nutzbar war.

Hätte sich in diesem Fall jemand die Auswirkungen des Patches auf Microsoft SharePoint im Detail angesehen, wäre es wohl nicht so weit gekommen. Man hätte die Probleme erkannt und das Patch erst nach ihrer Behebung eingespielt. Den Benutzer*innen wäre nichts aufgefallen.

Unsere Empfehlung: Es braucht Experten*innen, die die Farm laufend pflegen. Im Speziellen sollten sie auch wissen, wie das Zusammenspiel zwischen der Hardware samt Betriebssystem und Microsoft SharePoint funktioniert.


Mythos Nr. 4: Die Profilseiten-Daten kommen aus dem Active Directory

✔ ✖ Nur zum Teil richtig! Ein Satz, den wir oft hören, wenn es um die schönen Profilseiten der Mitarbeiter*innen in Microsoft SharePoint geht: "Dafür holen wir die Daten aus dem Active Directory!".

Active Directory (AD) ist in der Microsoft-Welt das Produkt, das die ganze Benutzer- und Gruppen-Verwaltung in einem Firmennetz abdeckt. Sprich: Jede Benutzerin und jeder Benutzer und jede Gruppe in einem Windows-Netzwerk ist im AD erfasst.

Aus diesem AD wollen also viele Kunden die Profilseiten befüllen. Dabei wird aber vergessen, dass viele Daten dort nicht liegen, da das AD nur für grundlegende Informationen gedacht ist. Deshalb haben einige Unternehmen weitere Applikationen, wie zum Beispiel das "Unternehmens-Telefonbuch". In denen finden sich Infos wie akademischer Titel, Büro-Nummer oder Expertise.

Um also Profilseiten mit wirklich relevanten Informationen zu erstellen, müssen Schnittstellen zu mehreren Applikationen gemacht werden. Aber wie stellt man fest, welcher User in einem System mit einer Person in einem anderen System übereinstimmt? Oft hilft dabei ein eindeutiger Benutzername, der nur einmal im Unternehmen vergeben wird und meistens in allen Systemen auftaucht. Sollte es diesen nicht geben, wird die Zusammenführung der Daten aufwendiger.

Wenn die Schnittstellen dann aber eingerichtet sind und alles läuft, gibt es oft einen "Wow-Effekt". In vielen Unternehmen bieten die Profilseiten zum ersten Mal eine schöne Übersicht über die personenbezogenen Daten.


Mythos Nr. 5: Mit Microsoft SharePoint werden Infos viel schneller gefunden

✔ Richtig! Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die Aktivierung der Microsoft-SharePoint-Suche einen großen Mehrwert für ein Unternehmen hat. Mit ihr durchsucht man nicht nur die Metadaten, sondern auch die Inhalte von Dokumenten.

Zusätzlich bietet die Suche standardmäßig die Möglichkeit ein Suchergebnis nach Autoren, Zeiträumen, Inhaltstypen etc. einzuschränken. So kommt man sehr leicht mit gezielten Suchbegriffen zu den gewünschten Inhalten. Dabei ist völlig egal, ob die Inhalte auf einem File-Share-System oder direkt im Microsoft SharePoint liegen und wie groß das "Ordner-Chaos" ist!


Mythos Nr. 6: Eine Microsoft-SharePoint-Liste funktioniert wie eine Excel-Liste

✖ Eine Möglichkeit, um Daten in Microsoft SharePoint einzutragen, ist das Befüllen einer Liste. Zu diesen Listen gehören zum Beispiel To-do-Listen, Projekt-Listen oder auch Kalender.

Manche glauben, dass diese Microsoft SharePoint-Listen genauso funktionieren wie die gewohnten Excel-Listen. Aber im Gegensatz zu Excel sind Kalkulationen und Formatierungen in Microsoft SharePoint nur eingeschränkt möglich.

Wenn man das nicht weiß, ist Ärger vorprogrammiert. Ein Beispiel: Man stelle sich vor, dass man schon eine Weile an einer Projektliste gearbeitet hat. Plötzlich gibt Microsoft SharePoint die Meldung, dass man keine weitere Spalte vom Typ "Datum" mehr einfügen kann. Die mögliche Anzahl wurde schon überschritten. Da man nicht wieder von vorne anfangen will, wählt man für die nächsten Datums-Einträge das Format "Text". Und stellt dann am Ende fest, dass man durch die Verwendung unterschiedlicher Formate keine sinnvollen Auswertungen mehr machen kann. Also, macht man es doch noch einmal und verflucht Microsoft SharePoint.

Damit es nicht so weit kommt, ist unsere Empfehlung: Man sollte sich von vornherein klar darüber sein, dass es Limitierungen gibt und sich überlegen, was man braucht. Möglicherweise reichen die gebotenen Funktionen der SharePoint-Listen.

Sollte man doch die Funktionalität von Excel benötigen, gibt es zwei Möglichkeiten: Man macht eine Excel-Tabelle und speichert diese in der Microsoft-SharePoint-Dokumentenbibliothek oder man verwendet Excel Services, die Web-Applikation innerhalb von Microsoft SharePoint.


Mythos Nr. 7: Wenn Microsoft SharePoint intern verwendet wird, ist es auch ideal für die externe Website

✔ ✖ Wird Microsoft SharePoint bereits unternehmensintern verwendet? Der Server ist ohnehin überdimensioniert und könnte locker auch Zugriffe von außen vertragen? Na, dann schnell eine neue Microsoft-SharePoint-Webseite anlegen und schon werden Synergien perfekt genutzt.

Vorsicht vor so einer schnellen Schlussfolgerung! Es gibt ein paar Risiken, die man bedenken sollte:

Risiko 1: Administration der Berechtigungen

Microsoft SharePoint bietet ein Berechtigungssystem, mit dem es möglich ist, Bereiche nur für bestimmte Benutzer*innen freizugeben. Besucher*innen der externen Webseite können also vom internen Bereich ausgesperrt werden. Aber: Jede Änderung an den Berechtigungen wirkt sich sofort aus. Passiert einmal eine Fehlkonfiguration, stehen sensible interne Unternehmensdaten sofort im öffentlichen Netz.

Risiko 2: Erweiterung der Software

In Microsoft SharePoint können Software-Entwickler*innen bestehende Funktionen erweitern oder neue Funktionen hinzufügen. Bei diesen Code-Änderungen muss man vorsichtig sein: Sie werden zum Teil serverweit installiert. Die serverweite Installation beeinflusst somit immer alle Bereiche, egal ob intern oder extern.

Besonders problematisch ist das bei Erweiterungen, die zunächst für beide Bereiche entwickelt wurden. Ein Beispiel: Es gibt ein spezielles Kontakte-Webpart, das Informationen zu Mitarbeiter*innen im Intranet und extern anzeigt. Interessant wird es, wenn nach Monaten der Wunsch entsteht, dass intern zusätzlich die Mobilnummern angezeigt werden sollen. Dabei kann leicht übersehen werden, dass diese Anzeige auch auf der externen Website eingesetzt wird. Im schlimmsten Fall werden die Daten angezeigt, obwohl das im öffentlichen Bereich unter keinen Umständen passieren sollte.

Zusätzlich werden bei einem Einspielen von Änderungen in vielen Fällen die Web-Applikationen neugestartet. Dadurch ist sowohl der interne wie auch externe Bereich für einige Zeit nicht erreichbar.

Risiko 3: Benutzer*innen

Angenommen es wurden Experten*innen beauftragt und die Punkte 1 und 2 können ausgeklammert werden. Es bleibt aber ein großes Risiko: Die Benutzer*innen.

Eine Microsoft-SharePoint-Umgebung mit internen und externen Bereichen ist ein komplexes System. Durch die fehlende Trennung ist es daher nur eine Frage der Zeit, bis ein Redakteur schnell vor dem Vorstandsmeeting die internen Jahreszahlen des Unternehmens in den falschen Bereich hoch lädt. Mit dem Ergebnis, dass das Dokument kurze Zeit später über das Suchfeld auf der externen Website gefunden werden kann…

Unsere Empfehlung ist daher, den internen Microsoft-SharePoint-Server klar vom externen Web-Server zu trennen, um sich nicht den genannten Risiken auszusetzen.


Mythos Nr. 8: In Microsoft SharePoint können Geschäftseinheiten alles selber machen

✖ Falsch! Es stimmt, dass mit wenig Aufwand unterschiedlich komplexe Anwendungen geschaffen werden können. Dafür sind keine Programmier-Kenntnisse notwendig: Microsoft SharePoint bietet eine Vielzahl von Listen- bzw. Website-Vorlagen, sowie eine noch größere Auswahl von Webparts und Apps. Außerdem gibt es noch Workflows und die Möglichkeit selber Listen zu definieren.

Also kann eine Geschäftseinheit mit wenig Aufwand schnell jeden Geschäftsprozess in Microsoft SharePoint abbilden? Leider nein! Dafür gibt es zwei gute Gründe:

1. Microsoft SharePoint ist sehr umfangreich und komplex

Man braucht zwar kein Programmierer zu sein, um die Funktionen von Microsoft SharePoint einzusetzen. Aber dennoch wird ein technisches Verständnis vorausgesetzt. Ohne wochenlanges Arbeiten mit dem System oder intensives Training stößt man als Neuling schnell an seine Grenzen. Meistens weiß man auch nicht, welche Lösungsansätze es für welche Anwendungsfälle in Microsoft SharePoint gibt.

2. 99% des Weges…

Hin und wieder arbeiten Kunden mit viel Enthusiasmus an der Umsetzung ihrer Anforderungen mit gegebenen Microsoft-SharePoint-Mitteln. Sie gehen dabei 99% des Weges und schaffen oft eine beeindruckende Lösung, die fast fertig ist. Für das letzte fehlende Prozent fragen sie bei uns nach. Ihre Hoffnung ist, dass es einen Trick gibt, um das letzte Quäntchen Funktion zu realisieren.

Die Antwort lautet oft: Ohne Software-Entwicklung ist das leider nicht möglich. Die Grenzen von Microsoft SharePoint werden erst dann offensichtlich, wenn man sie erreicht hat. Nur durch jahrelange Beschäftigung mit dem System erwirbt man die notwendige Erfahrung. Mit ihr kann man von Vornherein sagen, welche Anforderungen mit vorhandenen Mitteln umgesetzt werden können.

Es hat sich bewährt, dass es innerhalb eines Unternehmens Microsoft-SharePoint-Experten*innen gibt, die Anforderungen im Haus abdecken können. Diese Experten*innen beschäftigen sich intensiv mit dem System und stehen dann als Support zur Verfügung. Sollten auch die Microsoft-SharePoint-Experten*innen einmal anstehen, macht es Sinn externe Profis wie uns für komplexe Fragen zur Hand zu haben!